Die Zehrgadenstiege der Hofburg
Erstellt von Tanja Trausmuth am 09. Mar. 2021
Beschreibung
Die Zehrgadenstiege der mittelalterlichen (ca. 500 bis 1500 n. Chr.) Burg entstand um 1756 innerhalb des bis heute erhaltenen mittelalterlichen Ostturms als „unsichtbare“ Stiege für Diener und datiert in ihrer jetzigen Form um 1900 bzw. 1904, da damals die Sanierung eines Großteils des Erdgeschosses stattfand. Der Boden der Zehrgadenstiege liegt auf dem Niveau des Schweizerhofs bzw. der Durchfahrt bei 19,22 Meter über Wiener Null und auch ein Plan des 2. Viertels des 19. Jahrhunderts zeigt die heutige Türöffnung zur Durchfahrt ohne Stufen oder interne Verbindungstüren. Somit lag der Boden damals auf dem Niveau der Durchfahrt und auch die Lage der beiden untersten Treppenläufe stimmt mit der heutigen Situation überein. Aufgrund des geplanten Einbaus einer Liftanlage im Bereich der Zehrgadenstiege der Hofburg wurde von der Firma ARDIG Archäologischer Dienst GesmbH im Sommer 2015 eine stratigraphische Grabung, d.h. Schicht für Schicht in umgekehrter Folge der einstigen Ablagerungen, durchgeführt.
Bei der Grabung kam nach dem Abtragen der rezenten Betonschicht eine Planierschicht mit Mörtel, Holzkohle, (Ziegel-)Bruchsteinen und einigen Holzbrettern zum Vorschein, welche ein Ziegelgewölbe überlagerte, das sich über die gesamte Schnittflache von 2,7 mal 2,6 Metern erstreckte und einen etwa 3,55 mal 3,85 Meter großen Raum mit einer Raumhöhe von 2,40 Metern überspannte. Nach Freilegung und Dokumentation des ins 18. Jahrhundert datierten Gewölbes sowie nach der Absprache des Bundesdenkmalamtes und der Burghauptmannschaft wurde eine Öffnung in das Gewölbe gebrochen, wobei sich zeigte, dass der Innenraum fast vollständig mit einer Schuttschicht des 19. Jahrhunderts, wahrscheinlicher sogar erst des 20. Jahrhunderts verfüllt war, in der sich neben Ziegelfragmenten und einigen grün glasierten Fragmenten von Ofenkacheln auch eine ca. 1,2 Meter lange Spolie befand. Nach dem Entfernen der Schuttschicht wurde von den Archäologen der im gesamten Bereich vorhandene, freigelegte Ziegelfußboden sowie sämtliche Mauerbefunde dokumentiert, wobei im Nordosten aus statischen Gründen nicht der gesamte Schutt entfernt werden konnte. Auf Wunsch des Bundesdenkmalamtes wurde im Norden des Ziegelfußbodens eine 0,75 mal 0,49 Meter große Sondage angelegt, wobei sich unterhalb des Ziegelbodens noch eine dünne sandige Schicht mit sehr wenig Kiesel und Holzkohle zeigte, welche als möglicher einstiger Nutzungshorizont interpretiert wurde.
Somit konnte von den Archäologen festgestellt werden, dass das Ziegelgewölbe am ehesten zum originalen Bestand der Zehrgadenstiege in die Mitte des 18. Jahrhunderts gehört, vermutlich der Aussteifung und statischen Absicherung der Stiege diente und somit der barocke (Epoche europäischer Kunstgeschichte von ca. 1600 bis 1730 n. Chr.) Unterbau der um 1900 veränderten Stiege dem Anschein nach erhalten ist. Im 19. Jahrhundert., eventuell auch erst im 20. Jahrhundert, wurde der Raum mit Schutt verfüllt und im Nordosten abgemauert, wodurch ein 3,85 Meter breiter und 3,55 Meter langer Raum mit Ziegelfußboden entstand. Als Fundament für die Stiege bzw. das Gewölbe wurden im Westen, Süden und Osten ältere Mauerzüge aus Bruchsteinen genutzt, die aller Wahrscheinlichkeit nach Teile des ehemaligen Ostturms der mittelalterlichen (ca. 500 bis 1500 n. Chr.) Burg darstellen.
Quellen
Käferle, D. & Mitchell, P., 2015. KG Innere Stadt, GB Wien 1. Fundberichte aus Österreich 54, D7512-D7520.
Karte
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Bericht
- Jahr 2015
- Maßnahme-Nr. 01004.15.03
Lage
- KG Innere Stadt
- OG/MG/SG Wien
- VB Wien
- BL Wien