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Von der Frühen Jungsteinzeit bis in die Frühe Neuzeit in der Gemeinde Wiesen

Erstellt von Tanja Trausmuth am 04. Feb. 2021

Beschreibung

Aufgrund der Umwidmung in Bauland wurde im Frühjahr 2015 am Gemeindegebiet von Wiesen, am östlichen Rand des Ortes Bad Sauerbrunn auf der Flur Halbjoch eine Rettungsgrabung durch den Verein PannArch durchgeführt, wobei auf der ergrabenen 300 mal 50 Meter großen Ackerschicht am Fuß des Rosaliengebirges 500 Einzelbefunde unterschiedlichster Zeitstellung dokumentiert werden konnten.

Als älteste Befundgruppe konnten Siedlungsbefunde der Linearbandkeramischen Kultur (ca. 5600 bis 4900 v.Chr.), von der charakteristischen Verzierung der keramischen Gefäße abgeleitet, die ein Bandmuster aus eckigen, spiral- oder wellenförmigen Linien aufweisen) festgestellt werden.

Unter mehreren, wahrscheinlichen, anhand der Pfostenlöcher erfassbaren Grundrissen von Langhäusern, welche durch Ackertätigkeit oder Bodenerosion gestört waren, konnte jedoch ein gesicherter, Nord-Süd orientierter Pfostenbau mit einer Länge von ca. 14 Metern und einer wahrscheinlichen Breite von 5 Metern von den Archäologen dokumentiert werden.

Ebenfalls dieser Zeitstufe zuzuordnen waren eine Vielzahl diverser Speicher- und Abfallgruben, sowie eine große Materialentnahmegrube, die teilweise reichlich keramisches Fundmaterial enthielten.

Aus der Kupferzeit (ca. 4400 bis 2200 v. Chr.) und der Bronzezeit (ca. 2200 bis 800 v. Chr.) konnten nur einzelne Funde aufgefunden werden.

Den nächsten bedeutenden Besiedlungszeitraum für das untersuchte Gebiet stellte die Jüngere Eisenzeit bzw. Latènezeit (ca. 450 v. Chr. bis 15 v. Chr.) dar, aus der ein Siedlungsbereich nachgewiesen werden konnte, der sich mit größter Wahrscheinlichkeit einst in westlicher Richtung unterhalb des modernen Ortes Bad Sauerbrunn erstreckt hatte. Davon erhalten, zeigten sich zwei parallele, 6 Meter breite, etwa Nord-Süd verlaufende Gräben, ein Lochtennenofen zum Brennen von Keramik, sowie 12 Grubenhäuser und einige Gruben. Zum reichlichen, wahrscheinlich in die Mittellatènezeit (ca. 250 bis 150 v. Chr.) datierenden Fundmaterial zählten hochqualitative Keramik, Fragmente von Armreifen aus blauem Glas, Fibeln, ein Armreif aus Gagat, konische Spinnwirtel, Webgewichte, Knochengeräte, sowie Graphit in Rohstoffform, welcher wahrscheinlich zum Magern der Keramik verwendet wurde.

Aus der römischen Kaiserzeit (ca. 15 v. Chr. bis 3. Jahrhundert n. Chr.) konnten zwei in den Boden eingetiefte Öfen mit Bruchstücken von tegulae (antike rechteckige, flache Dachziegel   mit hochgezogenen Leisten an beiden Längsseiten) an der Sohle entdeckt werden. Ebenso spärlich sind die Hinweise auf eine hochmittelalterliche (ca. 1050 bis 1250 n. Chr.) Besiedlung, welche sich auf zwei Grubenverfüllungen mit entsprechendem Fundmaterial beschränken.

Ein interessanter Befund aus der Frühen Neuzeit (ca. 1500 bis 1800 n. Chr.) konnte im Südosten der Grabungsfläche freigelegt werden. Es handelte sich dabei um einen ca. 2 Meter tiefen und über 6 Meter breiten Graben, in dessen Flanken, einander gegenüberliegend, je zwei rechteckige, meist 3 mal 3 Meter große Gruben, mit einigen zwischen ihnen liegenden Pfostenlöchern, eingetieft waren.

Aufgrund der zahlreichen, ins 16. oder 17. Jahrhundert datierten Keramikfunde wurden die Strukturen von den Archäologen als möglicherweise militärisch genutzte, hölzerne Türme interpretiert, welche als temporärer Wehrbau, evtl. im Zusammenhang mit den Türken- oder den Religionskriegen verwendet wurden.

Quellen

Schönpflug, G., Eckkrammer-Horvath, I., 2015. KG Wiesen, MG Wiesen. Fundberichte aus Österreich 54, 51, D668-D672.

Karte

Koordinaten: 47.774768° 16.339540°
Koordinatensystem WGS84 / EPSG:4326