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Siedlungstätigkeiten von der Jungsteinzeit bis in die Neuzeit in Weiden am See

Erstellt von Tanja Trausmuth am 04. Feb. 2021

Beschreibung

Bereits seit Mai 2012, wobei im Zuge von Aufschließungsarbeiten erste Funde einer römischen Villa entdeckt wurden, fanden bis zum Jahr 2019 immer wieder archäologische Grabungen auf den Kirchäckern in Weiden am See statt, wobei insgesamt 144 Grundstücke von einem Team der ARGE-Zeitalter untersucht werden konnten.

Das erforschte Areal weist eine lange Besiedlungsgeschichte auf, welche bereits in der Mittleren Jungsteinzeit (ca. 5000 bis 4400 v. Chr.), dokumentiert durch Wandgräbchen zweier langrechteckiger Bauten, Abfall- und Arbeitsgruben sowie Fragmenten grober Gebrauchskeramik und Werkzeugen aus Feuerstein, begann.

An frühbronzezeitlichen (ca. 2200 bis 1600 v. Chr.) Befunden konnte zusätzlich zu Siedlungsstrukturen ein Gräberfeld der Wieselburger Kultur mit vorwiegend Einzelgräbern mit Körperbestattungen in Hockerlage aufgefunden werden, welches eines der größten Gräberfelder des Burgenlandes zu sein scheint. Das Fundmaterial umfasste neben Keramikgefäßen (Amphoren, Töpfen, Schalen, Schüsseln), Bronzegegenstände (verschiedene Nadeltypen, Spiralröllchen, Spiralarmreifen, Noppenringe, Ösenhalsreifen, einen Griffplattendolch sowie einen Vollgriffdolch aus dem Aunjetitz-Milieu), Anhänger und Nadeln aus Knochen, Ketten aus Dentalium (Zahnschalen von Weichtieren) und Feuersteinabschläge.

Besondere Bedeutung scheint die Fundstelle auch in der Römischen Kaiserzeit (ca. 15 v. Chr. bis 3. Jahrhundert n. Chr.) genossen zu haben, wie zahlreiche Siedlungsbefunde und großflächige Materialentnahmegruben sowie verschiedene Gräber, Gräben und Grabensysteme belegen.

Im Bereich des römischen Landguts, der sogenannten Villa rustica aus dem 3. Jahrhundert n. Chr., welche eine insgesamte Größe von ca. 3.500m2 umfasst, konnte im Jahr 2015 der Südteil der dazugehörigen Thermenanlage untersucht werden. Der Badetrakt bildet dabei im südwestlichen Teil der Villenanlage, etwa 18 Meter über die Bauflucht hinausragend, einen eigenen Baublock, wovon Mauerfundamente eines durch eine Fußbodenheizung beheizten, sogenannten hypokaustierten Raumes samt zugehörigem Präfurnium (über einen Heizkanal verbundener, meist außerhalb liegender Heizraum) sowie verschiedene Entwässerungskanäle von den Archäologen entdeckt werden konnten. Mit Wasser gespeist wurde die Thermenanlage wahrscheinlich von einem südwestlich davon gelegenen Brunnen, wovon hölzerne Einbauten von zwei ineinander gesetzten, annähernd quadratischen Brunnenkästen aufgefunden wurden. Zu den besonderen Befunden zählten auch Estriche mit den Abdrücken der Fußbodenplatten und Reste der ehemals vorhandenen Mosaike.

Aus der Völkerwanderungszeit (ca. 300 bis 600 n. Chr.) stammen Siedlungsnachweise mit zwei rechteckigen Grundrissen von Grubenhäusern, deren aufgehende Konstruktionen einst von jeweils 6 Pfosten gestützt wurden.

Ins Frühmittelalter datieren ein annähernd quadratisches Grubenhaus mit einer Fläche von ca. 9 m2, welches über einen in der Nordostecke befindlichen Steinofen verfügte, sowie mehrere Siedlungsgruben, welche im Jahr 2015 aufgefunden werden konnten. Diese Strukturen gehören zu dem bereits in den Vorjahren lokalisierten slawisch-awarischen Weiler.

Wie bei den Grabungen festgestellt werden konnte, wurde die Fundstelle Weiden am See sogar noch in jüngerer Zeit genutzt, wie vier militärische Stellungsbauten mit Granatwerferstellungen und Laufgräben aus der Endphase des Zweiten Weltkrieges bezeugen.

Seit 2014 gibt es die Möglichkeit für Interessierte den Informationsstand mit Schautafeln vor Ort an der Fundstelle zu besichtigen oder wie 2019 angekündigt (burgenland.orf.at), die Fundstücke im Gemeindezentrum oder im Winzerkeller zu erkunden.

Vom Verein Villa Rustica Pannonia ist der Bau eines Ortsmuseums „Villa Salicum“ direkt am Fundort geplant (https://www.villarustica.at/?portfolio_page=museumsbau-weiden-am-see).

Quellen

Sauer, F., Franz, N., Schwarzäugl, J., Tögel, A., 2015. KG Weiden am See, MG Weiden am See. Fundberichte aus Österreich 54, 50.

Böhm-Ritter, B., 2014. Weiden am See. 150 Skelette ausgegraben. Erstellt am 10. Dezember 2014. https://www.bvz.at/neusiedl/weiden-am-see-150-skelette-ausgegraben-top-5087631

N. N., 2019. Archäologische Grabungen in Weiden am See. Erstellt am 16. August 2019. https://burgenland.orf.at/stories/3008775/

Titz, Ch., 2014. Archäologische Grabungen in Weiden am See. Erstellt am 04. August 2019. https://www.meinbezirk.at/neusiedl-am-see/c-lokales/tag-der-offenen-tuer-am-9-august_a3551364

Karte

Koordinaten: 47.920527° 16.867100°
Koordinatensystem WGS84 / EPSG:4326