Die Altburg Ras in Schlatten
Erstellt von Tanja Trausmuth am 26. Feb. 2021
Beschreibung
Die Altburg Ras, auch „die Turne“ genannt, die bereits 1171 urkundlich erwähnt und schon 1578 als öd bezeichnet wurde, liegt zwischen dem Dorf Schlatten und dem Ounitzabach westlich von St. Jakob im Rosental.
Die Anlage besteht aus einer westlichen Vorburg, einer mächtigen, zweiteiligen Wall-Graben-Anlage und der von einer Ringmauer umgebenen Kernburg mit einer Innenfläche von ca. 2650 m2. Die Kernburg beinhaltet einen freistehenden Wohnturm (evtl. ein Bergfried) auf einer leicht erhöhten Felskuppe im Osten und einen westlichen, noch nicht freigelegten „Torturm“, sowie ein Palasgebäude im Norden, das in die Ringmauer integriert ist, und einen östlich daran angebauten Backofen, unter welchem in den Jahren 2012 und 2013 erstmals bauliche Spuren der hochmittelalterlichen (ca. 1050 bis 1250 n. Chr.) Burg freigelegt werden konnten. Aufgrund einer vom Grundbesitzer geleiteten Initiative in den Jahren 1999 bis 2005, bei der die Altburg teilweise oberflächlich freigelegt wurde, wurden, mit Ausnahme wegen der durchgeführten Errichtung von Schutzbauten des Jahres 2014, jährlich seit 2009 archäologische (Nach-)Untersuchungen und wissenschaftliche Dokumentationen durchgeführt.
Das Ziel der vom Institut für Archäologie der Universität Graz durchgeführten Grabungskampagne 2015 war vorerst, den 2001 freigelegten und wieder zugedeckten „Estrich“ in einem ebenen Geländeabschnitt knapp südwestlich des sogenannten Palasgebäudes, also dem Hauptgebäude der einstigen Burg mit Wohn- und Festsaal, beim oberen Ende eines sichtbaren Grabens zu untersuchen, da er evtl. einen Hinweis auf ein freistehendes Gebäude (vielleicht sogar die bisher nicht identifizierte Burgkapelle) mitten im Burghof ergeben hätte. Wegen anhaltenden Schlechtwetters wurde von den Archäologen jedoch auch eine zweite, unter Dach liegende Altgrabungsfläche von 2003 in der spitzwinkeligen Ecke zwischen der Westwand des Palas und nördlicher Ringmauer wieder geöffnet.
Auf der Grabungsfläche 1, mit den Ausmaßen von etwa 3,60 mal 3,85 Meter, konnte der erwartete ›Estrich‹ direkt unter dem Waldhumus dokumentiert werden, wobei er sich aber nicht als Fußboden eines Gebäudes, sondern als unregelmäßig-längsovaler weißer Kalkmörtelfleck mit einer Größe von ca. 2,70 mal 1,70 Meter entpuppte, der als Mörtelmischplatz für die Errichtung der Mauern der ›Hauptbauphase‹ der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts interpretiert wurde. Darunter kam eine große Grube zum Vorschein, welche mit großen Kalkbruchsteinen zugeschlichtet war, Keramik des 12. bis maximal 14. Jahrhunderts enthielt und das hangobere, nordöstliche Ende des noch sichtbaren Grabens darstellte, der deutlich durch eine aufgrund von Keramikfunden sicher mittelalterlich bzw. eventuell noch hochmittelalterlich (ca. 1050 bis 1250 n. Chr.) datierte Planierungsschicht, deren Oberkante wohl als (erstes?) Burghofniveau anzusprechen ist, hindurch in den anstehenden Kalkfels eingetieft wurde und somit jünger als diese ist. Als Interpretationsvorschläge für diesen Graben nannten die Archäologen neben einem ›Steinbruch‹, einen ehemaligen hochmittelalterlichen (ca. 1050 bis 1250 n. Chr.) Abschnittsgraben oder einen unmittelbar vor die Hauptausbauphase zu stellenden ›Scheidgraben‹.
Auf der Grabungsfläche 2 in der spitzwinkeligen Ecke zwischen der Westwand des Palas und nördlicher Ringmauer, welche während Regenwetter ergraben wurde, zeigte sich, dass bei der Altgrabung 2013 nicht nur wie sonst Humus und Versturzlagen abgetragen, sondern mehrere aussagekräftige Schichten geschnitten wurden, deren Verhältnis nur mehr im westlichen Profil nachvollziehbar war. So lag unter dem rezenten Waldhumus der mächtige Versturzkegel der nördlichen Ringmauer auf einer alten Humusschicht mit Holzresten, in der südlich davon eine spätmittelalterliche (ca. 1250 bis 1500 n. Chr.) bzw. frühneuzeitliche (ca. 1500 bis 1800 n. Chr.) Grube eingetieft war, welche ident mit der bereits 2011 im Inneraum des Palas dokumentierten, massiv schuttverfüllten Störung der Westwand des Palas ist. Des Weiteren konnten Schichten des Bauabschlusses (Fundamentgrabenverfüllung, Unterbodenplanierungen und Bodenniveau) der nördlichen Ringmauer sowie eine Lehmschicht mit Holzkohleflecken und Verziegelungen entdeckt werden, welche evtl. das hochmittelalterliche (ca. 1050 bis 1250 n. Chr.) Niveau in diesem Bereich des Burgberges darstellte. Die nördliche Ringmauer, die im spitzen Winkel an die Westwand des Palas anschließt, dürfte in einer (vielleicht auch nur unmittelbar) späteren Bauphase, als der in die Mitte bzw. zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts datierte Wohnturm und Palas, entstanden sein.
Ob der ganze westliche Burgteil, geteilt über den Scheidgraben, später als der östliche Teil mit Wohnturm und Palas entstanden ist oder ob es vielleicht im späten 13. bzw. frühen 14. Jahrhundert eine Besitzteilung oder von vornherein zwei Besitzer gab, oder ob der westliche Ausbau unter einem neuen Besitzer erfolgte, wobei man den ›alten Abschnittsgraben‹, der nunmehr mitten im südlichen Burghof lag, beließ, weil er als Grenzmarkierung ganz willkommen war und auch zur innerburglichen Sicherung des Südtores diente, konnte von den Archäologen in der Grabungskampagne nicht geklärt werden. Neben Funden von Tierresten, einer Geschoßspitze und Keramikfragmenten zählten zu den Münzfunden der Jahre 2009 bis 2013 aus dem Bergfried ein Denaro con il leone (1350-1358), ein Denar (1232-1258 ) und ein Pfennig (1330-1358), sowie eine Pfenninghälfte (1282-1298), welche im Palas geborgen werden konnte, und aus dem Grabungsjahr 2015 ein an der Westwand des Palas geborgener, französischer Denier tournois (1223-1250).
Quellen
Lehner, M., 2015. KG Schlatten, MG St. Jakob im Rosental. Fundberichte aus Österreich 54, 66-68, D1102-D1112.
Karte
Bericht
- Jahr 2009
- Maßnahme-Nr. 75314.15.01
Lage
- KG Schlatten
- OG/MG/SG St. Jakob im Rosental
- VB Villach Land
- BL Kärnten