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Awarenzeitliches Gräberfeld und Siedlung in Podersdorf am See

Erstellt von Tanja Trausmuth am 03. Feb. 2021

Beschreibung

Südlich von Podersdorf in den sogenannten Winkeläckern wurden bereits 1974 zufällig Skelettreste einer bereits beraubten und durchwühlten Bestattung des frühen 8. Jahrhunderts n. Chr. entdeckt. Bei der vom Bundesdenkmalamt durchgeführten Nachgrabung konnten noch Reste eines vergoldeten Bronzegürtels sowie an der Oberfläche verstreute Knochen dokumentiert werden, wodurch auf ein größeres Gräberfeld geschlossen wurde.

Um diese Anhaltspunkte genauer zu erörtern, wurde von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) auf einer Fläche von ca. 7 Hektar eine geomagnetische Prospektion, also die zerstörungsfreie Erkundung und Erfassung von archäologischen Stätten,  durchgeführt. Bei dieser Methode wird mit Hilfe von Magnetometer-Sensoren der Wert des Erdmagnetfeldes gemessen und Abweichungen aufgrund unterirdisch liegender Strukturen, sogenannte magnetische Anomalien, können dabei registriert werden. Diese messbaren Anomalien können durch Artefakte wie Eisenteile, Schlacken, Tonscherben oder verrottete Holzpfosten entstehen und auch Strukturen wie zum Beispiel Gruben, Gräben, Pfostenlöcher, Feuerstellen, Mauern oder Öfen aufzeigen, da ihr magnetischer Wert einen Kontrast zur ungestörten Umgebung darstellt. Bei den archäologischen Untersuchungen konnten so nicht nur einige längliche Gruben, die als Gräber interpretiert wurden, sondern auch 17 Grubenhäuser erkannt werden.

Im Juli 2015 wurde im Bereich der prospektierten Gräber eine archäologische Grabung auf einer Gesamtfläche von 600 m2 unternommen, wobei 23 bereits beraubte Gräber und fünf Siedlungsgruben in zwei unterteilten Schnitten festgestellt wurden, und 13 der 28 Gräber und die Siedlungsgruben vollständig untersucht und dokumentiert werden konnten.

In den West-Ost orientierten Grabgruben lagen die Bestatteten in gestreckter Rückenlage, mit dem Kopf im Westen und Blick Richtung Osten, wobei menschliche Überreste von drei Frauen (einer älteren und zwei jüngeren), vier erwachsenen und zwei jugendlichen Männern sowie von drei Kleinkindern und einem Neugeborenen zu Tage traten, welche nach ersten Untersuchungen keine Hinweise auf Mangelerkrankungen zu erkennen gaben.

Zum Fundmaterial der Gräber zählten ein kostbarer Goldohrring und eine Gürtelschnalle, wobei es für beide Stücke Vergleiche aus Ungarn aus der Mitte des 7. Jahrhunderts gibt, sowie ein Gürtelbeschlag aus einer Kupferlegierung vom Typ Bieringen, der zwischen dem zweiten Viertel des 7. Jahrhunderts und dem 8. Jahrhundert datiert wird.

Des Weiteren konnten Beigaben von Tierknochen mit reichen Fleischpartien ganz junger Rinder aus der Region um den Neusiedler-See sowie aus bearbeiteten Knochen hergestellte Hebelarm- und Griffteile von Reflexbögen und die zugehörigen dreiflügeligen Pfeilspitzen dokumentiert werden.

Das Gräberfeld wurde von den Archäologen somit als frühmittelalterlich (ca. 500 bis 1050 n. Chr.) bzw. awarenzeitlich (ca. 7. bis 9. Jahrhundert n. Chr.) angesprochen.

Quellen

Bendeguz, T., Draganits, E., Wiltschke-Schrotta, K., Saliari, K., 2015. KG Podersdorf am See, OG Podersdorf am See. Fundberichte aus Österreich 54, 49-50.

Karte

Koordinaten: 47.835298° 16.829263°
Koordinatensystem WGS84 / EPSG:4326