Jungsteinzeitliche Pfahlbausiedlung im Keutschacher See
Erstellt von Tanja Trausmuth am 19. Feb. 2021
Beschreibung
Die bereits seit 1864 bekannte, jungsteinzeitliche (ca. 5600 bis 2200 v.Chr.) Inselsiedlung im zentralen Bereich des Keutschacher Sees zählt aufgrund ihres gesicherten Alters von 3947/3946 v. Chr. als bisher älteste bekannte Pfahlbausiedlung in Österreich und erhielt im Jahre 2011 den Status ausgewählter Pfahlbauten als UNESCO Welterbe, welcher auch die Verpflichtung beinhaltet, für einen angemessenen Schutz dieses unter Wasser liegenden Denkmals zu sorgen. Im Frühjahr 2015 wurden im Auftrag des Kuratoriums Pfahlbauten durch das Site Management Oberösterreich archäologische Prospektionen (zerstörungsfreie Erkundungen und Erfassungen von archäologischen Stätten) auf einer Fläche von 120 mal 100 Metern durchgeführt, um, als Fortführung des 2013 begonnenen Monitoring- Programmes, eine aktuelle Zustandserfassung des Unterwasserdenkmals zu erhalten, das System von Erosionsmarkern zu vervollständigen sowie weitere Kulturschichten mittels Beprobungen von Sedimentkernen zu erfassen.
Die heute noch fassbaren Überreste der Siedlung sind auf der gesamten Fläche verstreut und befinden sich in einer Wassertiefe von 2 bis 12 Metern, wobei sich sogenannte in-situ-Befunde, also noch in der Originallage am Ort der ehemaligen Nutzung befindliche Objekte, vor allem die Pfahlsetzungen, bis in eine Wassertiefe von maximal 6 Metern finden lassen, und der zentrale Bereich der ehemaligen Siedlung auf einer relativ flachen Kuppe in einer Wassertiefe von 2 bis 4 Metern liegt sowie eine Fläche von ca. 45 mal 25 Meter bedeckt. Bei der durchgeführten Untersuchung konnte die Kulturschicht, in der sich vereinzelt auch Strukturen mit liegenden Hölzern zeigten, vor allem auf den höchsten Punkten der Inselkuppe erkannt werden, welche nur mehr mit einer Schlick- und Sandschicht in einer Stärke von 0 bis 10 Zentimetern überdeckt sind, und es zeigte sich, dass die Pfähle bis zu 52 Zentimeter aus dem umliegenden Sediment heraus ragen und mehr oder weniger konisch aberodiert sind.
Des Weiteren konnten durch das Tauchteam insgesamt neun Sedimentkernproben mit einem Pürkheimer Bohrer entnommen werden, welche erkennen ließen, dass sich eine bis zu 16 Zentimeter starke Kulturschicht mit Holzkohle, Holzstücken, Haselnussschalen, Schnecken, Hüttenlehmfragmenten, Keramik und Steinen sowie an einer Stelle eine Konzentration verkohlter Samenkörner von wahrscheinlich Getreide erhalten hat. Bei den meisten Bohrproben zeigte sich jedoch, dass die Kulturschicht offen lag und nicht von schützenden Schichten oder Pflanzenbewuchs bedeckt wird, und somit ein weiteres Alarmzeichen für eine starke Erosion zeigt.
Obwohl das Hauptziel der Untersuchung im Aufbau des Monitoringsystems und nicht in einer Fundbergung lag, wurden aufgrund ihrer Besonderheit und Gefährdung 3 Funde dokumentiert, eingemessen und entnommen. Direkt am westlichen Fuß der Untiefe in 9 Meter Wassertiefe konnte von den Archäologen ein komplett erhaltener menschlicher Oberschenkelknochen geborgen werden, welcher einen besonderen Fund darstellte, da es im gesamten Bereich der Pfahlbauten um die Alpen so gut wie keine menschlichen Überreste gibt. Weitere Funde stellten die Randscherbe eines kleinen Keramikgefäßes aus schwarzgrauem Ton mit Hängeöse sowie die noch nicht näher datierte Klinge eines Eisenmessers dar, welche direkt in einer Zanderlaichgrube gefunden wurde.
Die Untersuchungskampagne 2015 wurde bewusst in die Laichzeit der Zander im Frühjahr verlegt, da die erst Anfang des 20. Jahrhunderts eingeführten Fische die Kuppe für ihre Laichgruben bevorzugen, und festgestellt werden sollte, inwieweit die Deck- und Kulturschichten dadurch zerstört werden. Dabei konnte dokumentiert werden, dass die nur noch an wenigen Stellen erhaltene Kulturschicht als wesentlicher Bestandteil des Unterwasserdenkmals nicht nur freigelegt wird und die enthaltenen Pfähle regelrecht abgetragen werden, sondern auch, dass die gesamte Kuppe zur Laichzeit mit den 2 bis 4 Quadratmetern großen, freigewedelten Laichgruben der Zander überzogen ist, und an den Hängen noch größere Ruhegruben bestehen. Da neben der Erosion nicht nur Zander sondern auch Krebse ein Problem bei der Erhaltung des denkmalgeschützten Erbes darstellen, wurde nicht nur bereits während der Untersuchungskampagne eine Kooperation mit dem Kärntner Institut für Seenforschung angestrebt, um den Wissensstand darüber zu erweitern, sondern auch ein entsprechender Maßnahmenkatalog zum Schutz dieser UNESCO-Welterbestätte erarbeitet.
Quellen
Pohl, H., 2015. KG Keutschach, OG Keutschach am See. Fundberichte aus Österreich 54, 59-60, D965-D978.
Karte
Bericht
- Jahr 2013
- Maßnahme-Nr. 72126.15.01
Lage
- KG Keutschach
- OG/MG/SG Keutschach am See
- VB Klagenfurt Land
- BL Kärnten