Von den Römern bis in die Neuzeit in der Weihburggasse 4 der Inneren Stadt
Erstellt von Tanja Trausmuth am 09. Mar. 2021
Beschreibung
Das Haus Weihburggasse Nr. 4. im 1. Wiener Bezirk liegt in einem Bereich südöstlich des römerzeitlichen Militärlagers Vindobona. Aufgrund der geplanten Sanierung des Erdgeschosses und geplanter Einbauten von Kelleranlagen im heutigen Palais Pereira wurde die Firma ARDIG mit der archäologischen Betreuung der Umbauarbeiten im Jahre 2015 beauftragt, da mit Bauresten der römischen Zivilstadt des 2. bzw. 3. Jahrhunderts n. Chr. oder auch mit Gräbern der ausgehenden römischen Kaiserzeit ( 4. bis 5. Jahrhundert n. Chr.) zu rechnen war.
Die Grabungsfläche wurde stratigraphisch, d.h. Schicht für Schicht in umgekehrter Folge der einstigen Ablagerungen, ergraben und lag vollständig im Gebäudeinneren, wobei im gesamten Erdgeschoßbereich in einer Tiefe von 0,8 Metern das Niveau ehemaliger Pferdestallungen aus dem 19. Jahrhundert dokumentiert werden konnte, welches aus Ziegelfußböden mit hölzernen Abschrankungen der einzelnen Pferdeboxen bestand. Darunter kam eine gemauerte Kalkgrube mit barockzeitlichem (Epoche europäischer Kunstgeschichte von ca. 1600 bis 1730 n. Chr.) Ziegelmaterial im Mauerwerk zum Vorschein, unter dieser wiederum lag eine humos verfüllte Abfallgrube aus dem Spätmittelalter, welche größere Mengen Keramikfragmenten, vermutlich des 14. Jahrhunderts enthielt. Des Weiteren wurden neben zahlreichen, massiven Abwasserkanälen mit Ziegelgewölben einzelne Punktfundamente aus Gussmauerwerk dokumentiert, die in die Neuzeit datierten und von Vorgängerbauten des einstigen Palais Colloredo, also vor 1655 stammen.
Neben zahlreichen anderen Befunden, wie etwa einem neuzeitlichen (ca. 1500 n. Chr. bis in die Gegenwart) Backofenfundament, das aus zahlreichen spolierten Tür- und Fensterstöcken bestand, konnte im östlichen Grabungsbereich ein sehr gut erhaltener mittelalterlicher Mauerzug aus der Mitte des 13. Jahrhunderts dokumentiert werden, der eine Raumecke mit einer Halbsäule bildete und gemeinsam mit dem dortigen Bodenniveau eines Fußbodens aus Kalkmörtelestrich mit Abdrücken eines Ziegelpflasters, konserviert und als begehbarer, museal ausgestalteter „Archäologieraum“ genutzt werden soll. Im westlichen Grabungsbereich konnte von den Archäologen eine tief reichende Grubenverfüllung, eines vermutlichen Brunnens bzw. einer Latrine mit hauptsächlich spätmittelalterlicher (ca. 1250 bis 1500 n. Chr.) bzw. frühneuzeitlicher (ca. 1500 bis 1800 n. Chr.) Keramik sowie einer kleinen Steinplatte mit einem eingeritzten Wappen und der Jahreszahl 1491 dokumentiert werden. Im südlichen Grabungsbereich konnten zusätzlich zu den Baubefunden der Pferdestallungen auch eine Jauchegrube des Pferdestalls, welche später mit zahlreichen weiß glasierten, verzierten Kachelfragmenten verschiedener Öfen und gehobenem Haushaltsporzellan der von 1921 bis 1930 dort geführten Konditorei „Zwieback“ aufgefüllt worden war, sowie daruntergelegene Aufschüttungen, eine mittelalterliche, gemauerte Kalkgrube und ein weiteres mittelalterliches Fundament, welche der Orientierung nach den Mauern im geplanten „Archäologieraum“ zuzuordnen waren, festgestellt werden.
Archäologische Befunde aus römischer (ca. 15 v. Chr. bis 3. Jahrhundert n. Chr.) Zeit, darunter über die gesamte Grabungsfläche verteilte, einzelne in den anstehenden Boden – sterilen, gelben Schwemmsand – eingetiefte Grubenverfüllungen mit wenig Fundmaterial der Römischen Kaiserzeit, konnten nur punktuell beobachtet werden, da aufgrund der massiven Bautätigkeit das ältere Niveau bereits im Hochmittelalter (ca. 1050 bis 1250 n. Chr.) massiv gestört worden sein dürfte.
Eine Auswahl der Funde wird im museal gestalteten „Archäologieraum“ präsentiert.
Quellen
Igl, R., 2015. KG Innere Stadt, GB Wien 1. Fundberichte aus Österreich 54, 430-431, D7564-D7587.
Karte
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Bericht
- Jahr 2015
- Maßnahme-Nr. 01004.15.07
Lage
- KG Innere Stadt
- OG/MG/SG Wien
- VB Wien
- BL Wien