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Bauforschung trifft Archäologie - Untersuchungen in der Pfarrkirche hl. Jakobus der Ältere

Erstellt von Ingrid Kowatschek am 28. Apr. 2021

Beschreibung

Das interdisziplinäre Forschungsprojekt „Frauenburg“ des Vereins FIALE untersucht seit 2012 die im Areal der Burgruine befindliche Pfarrkirche hl. Jakobus der Ältere aus dem späten 13. Jahrhundert. Die eindrucksvolle Burganlage thront in erhöhter und verkehrstechnisch guter Lage auf mehreren Terrassen über dem Murtal in der Markgemeinde Unzmarkt-Frauenburg. Im Fokus des Forschungsprojekts steht das Untergeschoss der bis heute genutzten Pfarrkirche, das zahlreiche Befunde von der römischen Kaiserzeit bis ins Hochmittelalter birgt. Seit Beginn des Forschungs-vorhabens konnten hier bereits Überreste eines romanischen Vorgängerbaus mit einer nahezu vollständig erhaltenen Apsis, spätromanische Wandmalereien sowie Bestattungen eines Gräberfeldes des 7./8. bis 13. Jahrhunderts untersucht werden.

Im Herbst 2015 wurden die archäologischen Untersuchungen an der sogenannten Unterkirche, dem ebenerdig zugänglichen, profan genutzten Erdgeschoß der Kirche, fortgesetzt. Während die Ausgrabungsarbeiten der vergangenen Jahre im Bereich von Raum II wieder aufgenommen wurden, öffnete man im Süden von Raum III unmittelbar vor dem Ausgang eine weitere Fläche und legte in Raum IV einen schmalen Streifen zur Sondage.

In den Räumen II und III wurden drei Bestattungen freigelegt, womit nun insgesamt 22 Gräber des frühen und hohen Mittelalters innerhalb der Unterkirche dokumentiert werden konnten. Die Gräber 20 und 21 befanden sich unterhalb des um 1150 erbauten Kirchenschiffs und gehören vermutlich dem Frühmittelalter (ca. 8.-10. Jahrhundert) an. Die beiden Grabgruben wurden in einen brandigen Abbruchhorizont eingetieft, wobei von der Bestattung in Grab 21 lediglich die Unterschenkel und Teile der Fußknochen geborgen werden konnten. Grab 20 war hingegen nahezu vollständig erhalten. Zwischen den Beinen des männlichen Toten wurde ein stark korrodierter eiserner Gegenstand aufgefunden, bei dem es sich um ein ca. 45 cm langes, lanzenspitzenartiges Objekt mit Tülle und abgebrochener Spitze handelt (Abb.). Die dritte Bestattung in Grab 22 wurde durch eine Grube sowie die Nordwestmauer des Kirchenschiffes gestört beziehungsweise partiell überbaut. In der Grabgrube waren lediglich die Reste des Oberkörpers und der Oberarme erhalten, die jedoch eine abweichende Ausrichtung des Bestatteten zeigten. Im Vergleich zu den bisher untersuchten Bestattungen, die nahezu genordet waren, war der Körper etwas mehr nach Osten ausgerichtet. Neben diesen menschlichen Überresten konnten bei der Ausgrabung auch indirekte Hinweise auf weitere frühmittelalterliche Bestattungen gefunden werden. In den Planierungen von Raum III wurden zwei verlagerte Kopfschmuckringe mit Schlaufe (7./8. Jahrhundert) bzw. mit Knöpfchenende (9. Jahrhundert) geborgen.

In Raum III traten barockzeitliche und ältere Schichten auf, die mit den Fundamenten der barock-zeitlichen Kirchendecke bzw. mit den spätmittelalterlichen Zwischenmauern in Verbindung gebracht werden können (16.-18. Jahrhundert bzw. 13.-15. Jahrhundert). Innerhalb einer ausgedehnten Planierung konnte eine große Menge an verlagertem menschlichem Knochenmaterial und urgeschichtliche Keramik geborgen werden.

In Raum IV wurde eine Sondage im Bereich des vermuteten Hauptschiffs des Vorgängerbaus angelegt. Der erste dokumentierte Boden bestand aus einem glatt gestrichenen hellgrauen Kalkestrich mit einem zugehörigen Fußbodenunterbau aus Bruchsteinen, der vermutlich in das 12. Jahrhundert zu datieren ist. Darunter wurden mehrere Bauhorizonte, Planierungen und Oberflächenbefestigungen festgestellt, aus denen verlagertes menschliches Knochenmaterial und die Reste eines eindrucksvollen Holzbalkens geborgen werden konnten.  

Der erfolgreiche kombinierte Einsatz von kunsthistorischen Analysen, archäologischen Ausgrabungen, archäologisch-geophysikalischen Messungen und bauhistorischen Untersuchungen wirft ein neues Licht auf die Geschichte der Pfarrkirche hl. Jakobus der Ältere. Das Forschungs-projekt verspricht damit auch in den kommenden Jahren spannende Einblicke in dieses Zentrum von Kontinuität und Wandel im oberen Murtal.

Quellen

Steinegger, A., 2015. KG Frauenburg, MG Unzmarkt-Frauenburg. Fundberichte aus Österreich 54, 364-365.

Weiterführende Literatur: 
Steinegger, A., 2018. Frauenburg. Archäologische Befunde, Bauforschung und naturwissenschaftliche Untersuchungsmethoden in und unter der Pfarrkirche hl. Jakobus der Ältere. Laufzeit/Zeitlauf: Zeitkonzepte – Datierung – Chronologie in der Mittelalter- und Neuzeitarchäologie. Beiträge der internationalen Tagung in Graz, 20. bis 23. September 2016. Beiträge zur Mittelalterarchäologie in Österreich 33 (2017), 179-195.

Karte

Koordinaten: 47.205805° 14.438185°
Koordinatensystem WGS84 / EPSG:4326